Van De Graaff Generator
Ein Van De Graaff Generator - oder im deutschsprachigen Raum auch Bandgenerator genannt- ist ein Generator, der Gleichspannungen in der Größenordnung von einigen 100.000 Volt - große Exemplare bis in den Million-Volt-Bereich- erzeugen kann. Durch ein endloses Band, dass sich fortlaufend über zwei Rollen bewegt, werden Ladungen getrennt und auf einer Kugelelektrode gespeichert, bis die Feldstärke Werte ereicht, die zur Entladung führen. Wer sich im Detail für die Wirkungsweise interessiert sei auf Wikipedia oder Antonio Carlos M. de Queiroz verwiesen.
Dieses Projekt stand nach dem Bau der Wimshurst Maschine auf meiner ToDo Liste - auch zu diesem Thema findet sich recht viel im Internet, dabei sind alle Facetten der Baukunst vertreten.
Das Ziel war es hier wieder, ein nett anzuschauendes Design bei voller Funktionalität zu erreichen. Konstruktionspläne inklusive (siehe Ende des Artikels). Viel Spaß beim Nachbau!
Beschreibung & Hinweise zum Bau
Der hier vorgestellte Van De Graaff Generator ist ein selbsterregender
Typ. Heißt: Es werden keine Ladungen durch eine externe
Spannungsquelle auf das Band aufgesprüht sondern es findet der Einfluss
des triboelektrischen Effektes (Wikipedia)
an der unteren Laufrolle Verwendung.In der gezeigten Konstruktion ist die untere Rolle aus Teflon, das Band aus Vinyl und die obere Rolle aus Metall (Aluminium). Dadurch ergibt sich eine positive Aufladung der Kugelelektrode.
Die Struktur des Generators besteht im Wesentlichen aus Aluminium und Plexiglas. Beide Antriebsrollen sind kugelgelagert, die obere Rolle ist dabei über Schrauben links und rechts höhenverstellbar, so dass sich einerseits die Bandspannung einstellen und andererseits die Bandlage justieren lässt. Zusammen mit den leicht balligen Rollen bleibt das Band dadurch stabil in der Mitte der Rollen ohne links oder rechts auszubrechen.
Das Band selber ist nach ersten Versuchen mit blauem Gymnastikband, das keinen zuverlässigen Betrieb ermöglichte, aus klarem Vinyl (Tischdecke aus dem Baumarkt, 0.2mm stark) gefertigt. Die Bandenden wurden mit PVC Kleber verbunden.
Sowohl der untere als auch er obere "Kamm" ist im Abstand zur Rolle justierbar und besteht aus angespitzten Drahtstücken, die in den jeweiligen Träger aus Aluminium eingepresst sind.
Die Verbindung zur Kugelelektrode wird innen mit einem hornförmig gebogenem Draht hergestellt, der beim Aufsetzen der Kugel den Kontakt zum oberen Kamm herstellt.
Der Antrieb erfolgt mit einem kleinen Gleichstrommotor, der im Holzgehäuse untergebracht ist und über einen Antriebsriemen und zwei (Keil-)Riemenscheiben die untere Teflonrolle des Generators antreibt. Durch die Wahl der Riemenscheiben erfolgt eine Untersetzung im Verhältnis 2:1.
Zusätzlich ist im Gehäuse eine Drehzahlregelung untergebracht, um den Ladestrom des Generators weitgehend stufenlos einstellen zu können.
Die Spannungsversorgung des Antriebes erfolgt mit einem 12 V Steckernetzteil.
Zum Bau meiner Variante ist eine Drehbank erforderlich, auch der Rest der Werkstatt sollte halbwegs gut ausgestattet sein, eine Fräse wäre zumindest bei einigen Bearbeitungsschritten von Vorteil.
Bilder und ein paar Kommentare aus der Bauphase:
Links die beiden Rollen und Teile des Antriebes. Die obere Rolle wurde anfänglich aus Plexiglas gefertigt, diese habe ich im endgültigen Modell gegen Aluminium ersetzt, da die Performance nicht zuverlässig war.Daneben die beiden Kämme.
Die Halterung für den Motor sollte an den eingesetzten Motortyp angepasst werden, wichtig sind jedoch die Schlitze im unteren Teil der Motorhalterung, die eine Anpassung der Spannung des Antriebsriemens ermöglichen.
Die beiden unteren Lagerschalen sind aus Aluminium gefertigt und nehmen die Kugellager für die untere Rolle auf. Weiterhin sind hier 4mm Bohrungen zur Aufnahme von Bananen- oder Büschelsteckern angebracht, über die sich der untere Generatorteil erden lässt und über die die Hilfselektrode angeschlossen werden kann.
Die senkrechte Trägerstruktur besteht aus Plexiglas und wird mit M3 Schrauben an die Lagerschalen angeschraubt. Oben werden die beiden senkrechten Träger über eine Plexiglasplatte miteinander verbunden, an der auch der obere Kamm befestigt wird.
Gehäuse:
Das Gehäuse des Generators wurde aus 12mm starken MDF Platten stumpf zusammengeleimt.Die Oberflächenbeschichtung des Gehäuses spielt zwar funktional nur eine untergeordnete Rolle, beim Prototyp wurde jedoch aus optischen Gründen eine recht aufwändige Oberfläche aus dunkel gebeiztem Buchenfurnier, hochglanz-lackiert und poliert aufgebracht. Die erforderlichen Bohrungen und die Ausfräsung für den Antriebsriemen sind nach dem Furnieren und noch vor dem Lackieren anzubringen.
Herstellung der Kugelelektrode:
Ausgangsbasis bildet eine polierte Edelstahlkugel aus dem Deko-Bereich (Durchmesser ca. 20cm). Entsprechend den Dimensionen der Trägerstruktur wird hier zunächst ein Loch mit einem Durchmesser von 10cm mithilfe einer Minibohrmaschine (Proxxon, Dremel o.ä.) und einer Glasfaser-verstärkten Trennscheibe erzeugt. Wichtig ist hier, dass dieser Schnitt nicht durch die Schweißnaht der Deko-Kugel verläuft, um ein späteres Aufbrechen dieser Naht im nächsten Bearbeitungsschritt zu vermeiden.Da die so erzeugte Schnittkante im Betrieb des Generators zu massiven Ladungsverlusten durch Sprühentladungen führen würde, muss diese Kante geeignet verrundet werden. Ich habe mich hier entschieden, dies durch das Umbiegen der Kante in den Innenraum der Kugel zu bewerkstelligen, wodurch die Kante im fast feldfreien Raum im inneren der Kugel liegt und Verluste minimiert werden.
Hierzu wurde eine Vorrichtung gebaut (siehe Bilder), die aus einer Druckplatte (die Platte mit den 4 Einschlagmuttern) und einer Matrize (Gesenk) besteht, die manuell mit vier M8 Bolzen zusammengedrückt werden. Die beiden Teile der Matrize bilden dabei die spätere Form des umgebogenen Randes aus.
Die Druckplatte passt mit 10cm Durchmesser gerade in das vorbereitete Loch, der Unterteil der Matrize wurde nach der Herstellung der Form in zwei Hälften zersägt, so dass sie in das Loch der Kugel eingebracht werden kann. Der Oberteil der Matrize wiederrum besteht aus einem Stück.
Zur Anfertigung dieser Vorrichtung sollte eine Drechselbank, alternativ eine Drehbank, vorhanden sein.
Nach dem Biegevorgang musste ich feststellen, dass der umgebogene Blechrand nicht 100%ig glatt wie erhofft ausgefallen ist. Grund hierfür ist, dass für den unteren Teil der Matrize Spanplatte verwendet wurde und diese im Bereich des formgebenden Randes unter dem Pressdruck ausgebrochen ist. Das Verfahren funktioniert also im Prinzip, beim Nachbau sollte dieser Teil der Matrize jedoch aus massivem Hartholz gefertigt werden.
Wie man an den Bildern der fertigen Kugel erkennen kann ist der Rand der Kugel von der Seite her betrachtet (und nur den sieht man später) jedoch einwandfrei, so dass dieser kleine optische Mangel im Inneren der Kugel keine Rolle spielt
Diverse Bilder des fertigen Generators
Hilfselektrode:
Die Hilfselektrode spielt für die Funktion des Generators keine Rolle und dient bei der Demonstration lediglich als Ziel der Funkenentladungen. Dazu wird die Elektrode über ein Kabel mit dem geerdeten unteren Antriebsblock des Generators verbunden.Die Hilfselektrode besteht aus einer Deko-Kugel aus Edelstahl mit ca. 9cm Durchmesser. Am unteren Ende der Kugel wurde mit einer selbstschneidenden Schraube ein Stück M8 Gewindestab aufgeschraubt, was seinerseits als Gegenstück zum M8 Innengewinde des Haltestabes dient. Der Haltestab besteht aus dem oberen Teil (mit M8 Gewinde) aus Aluminium und dem eingeklebten 10mm Plexiglasstab (Epoxidharz-Kleber). Am oberen Teil dient ein 2,5mm Loch zur Aufnahme eines Miniatur Steckers für die Erdverbindung. Der Fuß besteht aus einer gedrechselten Hartholzscheibe, auf den eine Aluminiumbuchse aufgeschraubt ist. Der Haltestab der Hilfselektrode wird hier nur eingesteckt, so dass die Elektrode für Experimente auch abnehmbar ist.
Entladungen:
Wie oben geschrieben, erzeugt dieser Van De Graaff Generator eine positive Ladung am Terminal. Es lassen sich aus einer positiven Elektrode jedoch nur schwer Funken ziehen. Eine helle und laute Entladung zu der geerdeten Hilfselektrode findet je nach Luftfeuchtigkeit erst bei einem Abstand von ca. 6-8cm statt. Deutlich lichtschwächere Entladungen treten bereits bei einer Entfernung der beiden Elektroden von 20-25cm auf, danach ist die konstruktive Grenze des Generators erreicht, die Entladungen finden dann zwischen Terminal und den geerdeten unteren Antriebsblöcken bzw. der Aufstellfläche statt.Die Entladungen zwischen den Kugeln lassen sich forcieren, indem eine kleine Metallkugel auf das positive Terminal geklebt wird. Hierbei treten stark verästelte Entladungen in violetten Farben auf.
Die entsprechenden Fotos wurden mit Elektrodenabständen zwischen 10 und 15 cm gemacht (20 sec Dauerbelichtung).
Es ist allerdings zu sagen, dass sich diese recht lichtschwachen Entladungen fotographisch nur sehr schwer einfangen lassen.
Zahlreiche weitere Experimente sind im Internet zu finden.
Downloads:
Zeichnungssatz als pdfUnd bei diesem Gerät eine etwas ausführlichere Version des Disclaimers -LESEN!
Für die Funktion kann ich trotz sorgfältiger Prüfung keine Gewährleistung übernehmen. Der Van de Graaff Generator ist kein Kinderspielzeug! Die erzeugten Hochspannungen sind durchaus in der Lage, elektronische Geräte, die sich in der Nähe befinden unwiderruflich zu zerstören, auch wenn kein direkter Funkeneinschlag in das Gerät erfolgt. Die elektrischen Felder können, gerade bei geringer Luftfeuchtigkeit, erhebliche Größenordnungen annehmen. Also Handy und Computer weit weg! Der Van de Graaff Generator neigt durch seine hohen Feldstärken und dadurch provozierte Koronaentladungen dazu, auch weiter entfernte Gegenstände aufzuladen, ohne dass dies zunächst bemerkt wird. Am besten also beim Betrieb des Generator zumindest selber permanent eine Erdungsklemme in den Händen halten, ansonsten könnte man beim späteren Berühren von geerdeten Gegenständen einen heftigen Schlag erhalten.
Menschen mit Herz- und/oder Kreislaufschwäche und/oder einem Herzschrittmacher sollten sich nicht in der Nähe des im Betrieb befindlichen Generators aufhalten. Auch für einen gesunden Menschen kann der Überschlag eines Funken äußerst schmerzhaft sein und weitere Schäden verursachen, wenn der betroffene Körperteil aus Reflex ruckartig weggezogen wird. Die Benutzung und den Nachbau sollte nur derjenige angehen, der weiß, was er tut! Nachbau und Nutzung also auf eigenes Risiko!